Den schönsten, weil mit Abstand lebendigsten Termin in dieser Woche hatte ich bereits am Montag. Und er wirkt noch nach. Ich war zu Gast bei der berührenden Eröffnungsfeier der Special Olympics Hannover 2016, der nationalen Spiele für Menschen mit geistiger Behinderung.
Flagge, Flamme, Eidesformel und ein fröhlich-farbexplosives Bühnenprogramm – es wurde alles geboten. Mehr als 10.000 Menschen, Euphorie auf Rängen und in der Arena, das war eine ganz besondere Show.
In dieser Woche gehen in Hannover rund 4.800 Athletinnen und Athleten aus der ganzen Bundesrepublik in 18 Sportarten an den Start. Judo, Voltigieren, Fahrradfahren, Bowling, Leichtathletik und vieles mehr. Dazu kommt ein wettbewerbsfreies Angebot. Mitreißende Wettkämpfe und starke emotionale Momente sind garantiert. Der Live-Blog des NDR bietet gute Einblicke.
Special Olympics ist die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit geistiger Behinderung und Mehrfachbehinderung. Sie ist vom Internationalen Olympischen Komitee offiziell anerkannt und darf als einzige Organisation den Ausdruck „Olympics“ weltweit nutzen. Special Olympics will mit dem Sport die Akzeptanz von Menschen mit geistiger Behinderung in der Gesellschaft verbessern. Es geht um die Anerkennung, das Selbstbewusstsein und um mehr Teilhabe von Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen. Es geht darum, dass Sportlerinnen und Sportler – mit und ohne Behinderung – Ziele und Träume, Gaben und Grenzen, Leidenschaft und Ehrgeiz, gute und schlechte Tage haben. Wie jeder andere Mensch auch. Die Special Olympics entwerfen ein starkes Gegenbild zu dem von nahezu jedem Werbeplakat herablächelnden Idealmenschen der Perfektionsmaschine, die in unserer Gesellschaft so viel vorhandene Buntheit, Lebensfreude und Natürlichkeit erstickt.
Special Olympics Deutschland (SOD) versteht sich selbstverständlich als Inklusionsbewegung. Es geht auch darum, dass eine Integration von Menschen mit geistiger Behinderung in unseren Sportvereinen eine Selbstverständlichkeit wird. Wie das gehen kann, zeigt wirkungs- und eindrucksvoll Unified Sport. In Unified Teams treiben Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport. Als Athleten und Partner trainieren sie und nehmen an Wettbewerben teil. So lernen sie voneinander und bauen gleichzeitig Grenzen im alltäglichen Umgang miteinander ab.
‚Gemeinsam stark‘ lautet das Motto. Dabei unterscheidet SOD drei Ansätze: der wettbewerbsorientierte Ansatz konzentriert sich auf Athleten und Partner mit annähernd gleichem Alter und Leistungsniveau. Hier wird regelmäßig für die Special Olympics Wettbewerbe trainiert. Der entwicklungsorientierte Ansatz bringt Athleten und Partner mit unterschiedlichem Leistungsniveau zusammen. Ziel ist, dass die leistungsschwächeren Sportler von den stärkeren Sportlern profitieren und lernen. Und beim freizeitorientierten Ansatz steht das gemeinsame Sporttreiben im Vordergrund. Regel ist, dass mindestens 25 Prozent eines Teams Athleten sind, Alters- und Leistungsunterschiede spielen keine Rolle.
Die Special Olympics sind nicht nur eine starke Bewegung für einen fairen Sport. Sie stehen auf eindrucksvolle Weise für eine Gesellschaft, die darauf setzt, dass das Zusammenleben der Verschiedenen immer eine Bereicherung für alle ist: Für eine offene, eine bunte Gesellschaft. Wie die aussehen könnte, habe ich am Montagabend für einige Stunden bereichernd und berührend erlebt.