Dass die Investition in Arbeit sinnvoller ist als die Investition in Arbeitslosigkeit, ist eine sozialpolitische Binse. Vertreter von Sozialverbänden, Repräsentanten der Wirtschaft und Politiker jeglicher Couleur haben diesen Satz schon von sich gegeben.
Doch zur Zeit gesellt sich zur Binse die Weisheit: dass es machbar ist, Gelder aus den Sozialhaushalten besser in Beschäftigung zu transferieren. Auch das ist nicht ganz neu. Schon im Jahr 2006 hat die Diakonie ein solches Modell entwickelt, unter dem Namen „Passiv-Aktiv-Transfer“ (PAT).
Das Vordenken und die Beharrlichkeit, immer wieder auf dieses Muster zu verweisen, haben sich ausgezahlt. Zwölf Jahre später hat es Eingang in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung gefunden, und das Bundesarbeitsministerium gießt PAT derzeit in einen Gesetzentwurf. Der Titel ist sperrig: „Gesetz zur Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt“ heißt das Projekt, das Bundesarbeitsminister Hubertus Heil jetzt vorgestellt hat.
Damit hat sich die Große Koalition auf einen guten Weg gemacht. Wer Langzeitarbeitslose einstellt, soll dafür über zwei Jahre lang 100 Prozent des Arbeitsentgeltes ersetzt bekommen, und in den folgenden Jahren jeweils zehn Prozent weniger, bis zu einer Förderdauer von fünf Jahren.
Die Diakonie begrüßt das. Es soll Menschen, die lange ohne feste Anstellung waren, den Weg in den ersten Arbeitsmarkt ebnen – in sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten, die dann auch eine geregelte Absicherung im Alter und bei Krankheit bedeuten.
Allein die Konditionen sollten aus Sicht der Diakonie noch einmal überdacht werden. Derzeit sollen nur solche Menschen in den vollen Genuss des Programms kommen, die sechs Jahre lang Leistungen für Arbeitslose erhalten haben. Diese Menschen haben jede Fürsorge des Staates verdient.
Allerdings belegen zahlreiche Studien, dass eine so lange Arbeitslosigkeit nicht ohne Folgen bleibt: Wer lange nicht erwerbstätig ist, kämpft häufig mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Suchterkrankungen, leidet an einer schlechten Qualifikation oder ist einfach nicht mehr gewohnt, seinen Alltag mit festen Zeiten zu strukturieren. All dies verringert die Chancen auf eine Wiedereingliederung in den regulären Arbeitsmarkt.
Die Diakonie wünscht sich, dass die Zugangsvoraussetzungen gesenkt werden, um von dem neuen Gesetz zu profitieren. Auch wer noch keine sechs Jahre arbeitslos ist, sollte die Chance auf eine reguläre Beschäftigung erhalten, bevor er in den Teufelskreis gerät, der ihr oder ihm eine geregelte Arbeit erschwert.
Und auch bei einem zweiten Aspekt ist die Aufmerksamkeit der Sozialverbände gefragt: Die neue Beschäftigungsförderung ist mit einigem Verwaltungsaufwand verbunden. Die von der Bundesregierung bereitgestellten Mittel sollten jedoch den Bedürftigen zu Gute kommen und nicht in großen Teilen in die Bürokratie fließen – sonst käme eine andere Binse zum Tragen: Ohne Spesen nichts gewesen.
Doch die Diakonie ist zuversichtlich: Der eingeschlagene Weg ist richtig. Besser spät als nie.