13 Millionen alte, alleinerziehende und junge Menschen dürfen uns nicht einfach egal sein!

In seiner Berliner Rede am 24.03.2009 hat der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler bemerkenswerte Sätze zur Glaubwürdigkeit der Freiheit formuliert: „Die Glaubwürdigkeit der Freiheit ist messbar: in unserer Fähigkeit, Chancen zu teilen. Nach innen und nach außen. Und in unserer Bereitschaft zur Verantwortung für den Nächsten und das Wohl des Ganzen. Wenn wir das schaffen, dann holen wir das Beste aus uns heraus, was in uns steckt.“

Diese Worte haben im Blick auf die Armuts – und die Reichtumsentwicklung in unserem Land die Kraft einer Scheidemünze. Trotz verbesserter Zahlen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland bleibt die alltägliche Wirklichkeit für viel zu viele Menschen trist: sie sind mitten in einer reichen Gesellschaft von Armut bedroht oder leben jeden Tag in sogenannter „relativer“ Armut.

Das bedeutet, dass sie weniger als sechzig Prozent des mittleren Einkommens zur Gestaltung ihres Lebens zur Verfügung haben. Das ist wenig und hat nachhaltige soziale Folgen für unser Land: Die Anzahl der Kinder, die in von Armut betroffenen Haushalten leben, ist wie die Anzahl der zunehmend armen alten Menschen wieder gestiegen.

Das bedeutet für diese Menschen nicht nur eine schlechtere Ernährung, weniger Bewegung, eine schlechtere gesundheitliche Versorgung und eine kürzere Lebenserwartung. Das ist für viele Kinder und Jugendliche wie für alte Menschen unter uns auch mit erniedrigenden Erfahrungen von Ausgrenzung und der bitteren Erfahrung von sozialer Isolation verbunden.

Fachleute sprechen von deutlichen „Armutstendenzen“ im reichen Deutschland, in dem die Einkommensschere immer weiter auseinander geht. Rund 13 Millionen alte, alleinerziehende und junge Menschen dürfen uns nicht einfach egal sein! Arbeitslöhne und Sozialversicherungsleistungen müssen so gestaltet sein, dass Bildung und Teilhabe sowie ein auskömmliches Leben gesichert sind.

Der gesetzliche Mindestlohn ist nur ein erster Schritt, es braucht auch neue Lösungen, um Menschen, die langzeitarbeitslos sind, wieder Teilhabe und Beschäftigung zu ermöglichen. Der Passiv-Aktiv-Transfer, den die Diakonie dazu entwickelt hat, ist nun in breiten Modellversuchen endlich umzusetzen. Es ist viel sinnvoller Menschen in Arbeit zu bringen, als ihre lange Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Das zeigen die ersten Erfolg versprechenden Ergebnisse von entsprechenden Modellen u. a. in Baden Württemberg.

Vor allem aber müssen wir alles dafür tun, dass Kinder und Jugendliche durch verlässliche und in ihrer Qualität bundesweit vergleichbare Angebote in frühkindlicher Bildung und früher Förderung, die Entwicklungs – und Teilhabemöglichkeiten eingeräumt werden, die wir Ihnen schulden. Nicht zuletzt müssen alte Menschen nach einem langen Erwerbsleben von ihren Renten leben können.

Die zunehmende soziale Ungleichheit in einem reichen Land und ihre fatalen Folgen gehören dringend auf die Agenda der Politik!