Bis Ende April besuche ich als Mitglied einer Delegation der EKD unsere Partnerkirchen in Japan, genauer in Tokio und Umgebung. Der Anlass ist eine deutsch-japanische kirchliche Konsultation.
In Japan Christ zu sein, heißt, als Minderheit zu leben. Nur 1,5 bis 2 Prozent der Menschen gehören einer christlichen Gemeinde an, und nur etwa 700 000 von ihnen sind Protestanten.
Ich bin gebeten worden, während der Reise einen Vortragdarüber zu halten, warum Diakonie ein Wesensmerkmal der Kirche ist. Es war interessant, die eigene Arbeit für diese Rede noch einmal zu durchdenken. Vor einem anderen kulturellen Hintergrund die Selbstverständlichkeiten zu überprüfen. Was sind die Gemeinsamkeiten unserer Kirchen? Was trennt uns? Ob sich Erfahrungen aus der Diakonie in Deutschland auf Japan einfach übertragen lassen? Und andersherum? Ich bin wirklich sehr gespannt auf den Gedankenaustausch und finde außerdem, dass es der Diakonie gut tut, sich immer wieder mit ihren religiösen Wurzeln, ihrem Auftrag zu beschäftigen. Darum würde ich Sie gerne mit hineinnehmen in dieses Gespräch, das ich in Tokio so beginnen werde:
„Es ist wunderbar, Japan im Frühling zu bereisen. Noch dazu zur Zeit der Kirschblüte, die ja in ihrem Land eine wichtige Freudenzeit ist. Der Winter ist vorbei. Der Frühling kommt. Und die Schönheit, die das Land in einer Blütenwelle überschäumt, wird gefeiert. Die Kirschblüten „gehören“ allen Menschen, die in Japan zuhause sind. Männer und Frauen, Alte und Junge, Arme und Reiche, Gebildete und Ungebildete, Kranke und Gesunde, ja, sogar wir Fremden sind eingeladen, uns an ihr zu freuen. – Alle Menschen lassen sich ansprechen von dieser zarten, flüchtigen Schönheit.
Entlang der ehemaligen Berliner Mauer wurden nach der Wiedervereinigung Tausende von japanischen Kirschbäumen dank einer großzügigen Spendenaktion in der japanischen Bevölkerung angepflanzt. Ihre Blüte ist in jedem Jahr ein wunderbares Symbol der deutsch-japanischen Freundschaft sowie dafür, dass der ehemalige Todesstreifen durch blühendes Leben überwunden worden ist.
Die Kirschblüte berührt das Herz. Und ich möchte meine Gedanken rund um die Frage, warum Diakonie für die Kirche so unersetzbar wichtig ist, sozusagen mit einem Blick in den Kirschbaum beginnen: mit dieser Freude an einer Schönheit, die Menschen über alle Unterschiede hinweg verbinden kann. Wenigstens für einige Tage und Stunden, jedes Jahr aufs Neue. Fulbert Steffensky, ein prominenter deutscher Theologe, weist immer wieder nachdrücklich darauf hin, dass es im Glauben viel wichtiger ist, etwas schön zu finden, als es nur für wahr zu halten. So möchte ich mein Plädoyer für die Unverzichtbarkeit der Diakonie in der Kirche beginnen: eine diakonische Kirche ist eine schöne Kirche. An ihr kann alle Welt sich freuen.“
Falls Sie neugierig geworden sind, finden Sie den ganzen Vortrag hier.