Aschermittwoch: Gerechtigkeit leben?

„Türen öffnen. Gerechtigkeit leben“ heißt die Kampagne, mit der Diakonie Deutschland ins Reformationsjubiläum gestartet ist. Eine Mitmachaktion für alle, die unter dem weiten Dach der Diakonie leben und arbeiten. Die Idee ist denkbar einfach: Gestalte (d)eine Tür zum Thema Gerechtigkeit. Eine echte Tür oder eine virtuelle, alleine oder in einer Gruppe. Auf der Webseite gibt es dafür sogar einen „Türen-Generator“.

Als wir diese Kampagne zum Reformationsjubiläum geplant haben, konnten wir nicht wissen, dass das Thema soziale Gerechtigkeit 2017 wieder an Fahrt gewinnen würde. Mir gefällt diese unerwartete Gleichzeitigkeit. Ich finde es angemessen, dass der religiöse Impuls Luthers von 1517 mit den sozialen Themen unserer Zeit in Kontakt kommt. Dafür sprechen soziale Impulse und Langzeitfolgen der Reformation, dafür steht Diakonie. Wir in der Diakonie arbeiten „evangelisch motiviert“ daran, dass diese neue Aufmerksamkeit für soziale Fragestellungen spürbare Konsequenzen hat. Sie darf kein (Vor-)Bundestagswahlkampfgeklingel bleiben. Helfen Sie uns dabei? Was ist Ihre Meinung? Wie sozial gerecht geht es in Deutschland zu? Wir starten heute dazu eine Umfrage online.

Sozialer Ungleichheit begegnen

Ich halte die wachsende soziale Ungleichheit im Land für eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Viel bedeutender als die der kulturellen Verschiedenheit! Soziale Ungleichheiten zerreißen ein Gemeinwesen – das gilt für Deutschland, für Europa, aber auch für den Planeten, den wir uns mit anderen teilen. Nicht die Geflüchteten sind das Problem in unserem reichen Land, sondern die Perspektivlosigkeit zu vieler Menschen in bestimmten Regionen und  Lebenslagen, egal welcher Herkunft. Dazu gesellt sich ein diffuses Gefühl, benachteiligt zu werden bei den einen und die Sorge, vor dem Verlust von Wohlstand, wie viele ihn gewohnt sind, bei den anderen. Die Digitalisierung wird die Teilhabe am Arbeitsmarkt und damit das soziale Leben von vielen Menschen nachhaltig verändern, allen voran das Leben aller Menschen, die mit den Händen und in Routinen arbeiten – ob am Fließband oder an der Fertigungsstraße. Das Netz wird auch viele Kundenberater und Vertriebler ersetzen. Die Auswirkungen dieses Wandels auf beitragsfinanzierte Sozialversicherungs- und Rentensysteme kündigen sich an. Und dabei sind die Folgen des demografischen Wandels noch nicht bedacht. Ich male nicht schwarz, ich benenne Herausforderungen, die die Menschen ahnen und die sie beschäftigen. Wenn der Vorstandvorsitzende von Siemens eine Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen und Microsoft-Gründer Bill Gates eine Maschinensteuer auf Computer anregt, beschäftigen sie diese Fragen. Sie sollten auch uns und die politisch Verantwortlichen beschäftigen.

Türen zur Gerechtigkeit öffnen

Das Türenprojekt nähert sich dem Gerechtigkeitsthema auf eine ganz andere Weise. Ich stelle mir vor, wie viele Gespräche geführt wurden in Bremen, Augsburg, Leipzig oder Hamm während so eine Tür gestaltet wurde. „Analog ist das neue Bio“ , sagt der Politikwissenschaftler Andre Wilkens und wer eine Gerechtigkeitstür behämmert, bemalt oder beklebt, kann ja gar nicht anders: er (oder sie) spricht mit anderen über diese Fragen, macht ein zu wenig besprochenes Thema besprechbarer. Der Begriff Gerechtigkeit füllt sich: mit Fragen, mit Ideen, mit Leben. Wie viele Facetten hat Gerechtigkeit? Jede und jeder hat eigene Vorstellungen, Wünsche, Erfahrungen. Es ist wichtig, sich darüber auszutauschen. Wie kann das in unserem Land funktionieren: Gerechtigkeit leben?

Viele Menschen aus ganz Deutschland haben sich schon einladen lassen, in diesen Gedanken- und Bilderaustausch: Große und Kleine, Theologen und Bastler, Malerinnen und Denkerinnen; Herz- und Kopfmenschen aus Kinderkrippe, Schule und Seniorenheim, aus sozialpsychiatrischem Dienst und Krankenhaus, aus Tagesstätten, Freiwilligendiensten, Wohngruppen und Pflegeschulen, Diakonischen Werken und Einrichtungen und und. Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche, die sich Zeit genommen haben, um gemeinsam zu überlegen, was Gerechtigkeit für sie bedeutet. Als Mensch und als Christ; in der Gesellschaft und im alltäglichen Miteinander. Und nicht nur das: Sie haben sich auf jeweils auf ihr gemeinsames Bild verständig. Schon, dass es diese Begegnungen und Gespräche gibt, ist großartig. Die ersten 160 Türen können Sie sich auf http://www.diakonie2017.de anschauen, nahezu täglich kommen neue dazu.

Alle Türen, die bis gestern „eingereicht“ wurden, haben übrigens die Chance bei der Weltausstellung zur Reformation in Wittenberg in das „Türenhaus der Gerechtigkeit“, den dreistöckigen Diakonie-Pavillon auf dem Platz neben der Stadtkirche, integriert zu werden. Das Richtfest findet Mitte Mai statt.

Und was das alles mit dem Aschermittwoch  zu tun hat? Auf den ersten Blick gar nichts. Andererseits: die Fastenzeit, die heute beginnt, erinnert an die Notwendigkeit und Heilsamkeit der Umkehr und an Jesus Christus. Und der hat viel übrig für Gerechtigkeit. Bis heute.

Ein Gedanke zu „Aschermittwoch: Gerechtigkeit leben?“

  1. Die Lösung der Sozialen Frage

    Wie alles Geniale ist die einzige Lösung für absolute soziale Gerechtigkeit, die allgemeinen Wohlstand und den Weltfrieden mit einschließt, einfach. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, eine “hochmoralische Gesellschaft” auf einem utopischen Altruismus aufbauen zu wollen, sondern wir müssen mit dem rechnen, worauf wir uns verlassen können: der Egoismus. Jeder Mensch kann überhaupt nur wissen, was das Beste für ihn selber ist, nicht aber, was “das Beste” für andere ist. Und sobald sich jemand dazu erdreistet, greift er bereits in die Freiheitsrechte der anderen ein! Es ist hinreichend, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass beim freien Spiel der Kräfte von Angebot und Nachfrage das natürliche Streben nach Eigennutz auch gleichzeitig das Beste für alle bedeutet. Dafür muss die “Goldene Regel”…

    “Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.”

    …lediglich für die beiden grundlegenden Interaktionen zwischen allen Menschen gelten:

    1. Der Tausch
    2. Der Verleih

    Wie sieht es damit in der (noch) bestehenden Wirklichkeit aus? Beim Tausch Ware gegen Geld ist zu beobachten, dass der Verkäufer (Warenbesitzer) sich stets wie ein unterwürfiger Diener gegenüber dem Käufer (Geldbesitzer) verhalten muss, damit der Tausch überhaupt zustande kommt. Das herkömmliche Geld ist aufgrund seiner Dauerhaftigkeit und des Vorteiles der Liquidität den Waren überlegen, sodass von einem gerechten Tausch keine Rede sein kann. Der Unterschied zwischen Geld und Ware wird auch beim Verleih deutlich. Wird ein Zentner Kartoffeln verliehen und nach einem Jahr mit der gleichen Menge Kartoffeln aus neuer Ernte zurückgezahlt, hatte der Kreditnehmer den Vorteil, dass er nicht hungern musste, und für den Kreditgeber ist vorteilhaft, dass seine zuvor überschüssigen Kartoffeln in der Zwischenzeit nicht verfault sind. Wird aber Geld verliehen, ist der Kreditgeber im Vorteil und kann vom Kreditnehmer einen Zins verlangen. Der Zins ist der Ausdruck der Überlegenheit des herkömmlichen Geldes gegenüber den Waren. Das Zwischentauschmittel Geld, das den Warenaustausch erleichtern soll, verhindert somit den gerechten Tausch ebenso wie den gerechten Verleih.

    Daraus können wir erst einmal folgern, dass bei Verwendung eines fehlerhaften Geldes jeder Apell an die “Moral” ebenso nutzlos ist wie der “Sozialstaat”. Denn solange die grundlegendsten Interaktionen zwischen allen Menschen einer systemischen Ungerechtigkeit unterliegen, darf man wohl nicht darauf hoffen, durch eine wie auch immer geartete Veränderung in der Gesinnung des Menschen eine gerechte und friedliche Gesellschaft aufbauen zu können. Das Geld abschaffen? So dumm waren nicht einmal die von jeder Moral befreiten Kommunisten. Selbstverständlich kann das Geld nicht abgeschafft werden, sondern es ist die Überlegenheit des Geldes gegenüber den Waren zu neutralisieren.

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2017/03/entwicklung-der-moral.html

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