Berufen zu Transformation

In dieser Woche war ein klein wenig Weltkirchenrat in Berlin. Wir haben über die Welt und die notwendige Transformation gesprochen und über unsere Berufung. Dass wir bei allem, was wir tun, immer Teil der weltweiten Ökumene sind, beschäftigt uns im diakonischen Alltag allerdings selten. Das ist schade. Denn diese Zugehörigkeit ist gerade in dieser „Zeitenwende“ eine kostbare Ressource, wie wir in den vergangenen Tagen wieder eindrücklich neu gelernt haben.

Vom Geist des Widerspruchs: Das Logo der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Foto: epd-Bild/Thomas Lohnes.

Ökumenische Diakonie

Anlass für weltkirchenratliche Inspirationen war die Konferenz Diakonie und Entwicklung. Das höchste beschlussfassende Gremium des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung (EWDE), in dem Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Diakonie Deutschland seit 10 Jahren arbeiten, hat Mittwoch und Donnerstag getagt.

Im Schwerpunkt haben wir uns mit einem Studiendokument auseinandergesetzt, das erst kürzlich in der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe eine wichtige Rolle spielte: Sein Titel „Zur Transformation berufen. Lernprozess Ökumenische Diakonie“.

Das lesenswerte Dokument zielt auf die Stärkung des diakonischen und entwicklungsbezogenen Handelns der Kirchen weltweit und die Profilierung des transformatorischen Charakters dieses Handelns.

Oder wie Dagmar Pruin – Präsidentin von Brot für die Welt und Vorsitzende des EWDE – formulierte: „Es geht um eine gemeinsame Orientierung an den globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Dies etabliert die Diakonie heute und in Zukunft als relevante und weltweit verwurzelte Akteurin in der Zivilgesellschaft.“

Ruf zur Transformation

Welche Kirche und welche Diakonie wollen wir zukünftig sein?
Diese Frage, die uns in Deutschland ja auch gemeinsam mit der EKD beschäftigt, hat im internationalen Kontext eine gewaltige Relevanz. Es ist gut, daran zu erinnern, dass das Netzwerk, in dem wir als Diakonie, als Kirche in Deutschland agieren, weder an den Landes- noch an unseren Verbandsgrenzen endet.

Die Impulse, die wir bei diesen Themen in unseren Gesellschaften setzen oder eben nicht setzen, haben Folgen jenseits unseres Alltags. Und umgekehrt. Wie die anderen Kirchen der Welt sich positionieren in ihrem Engagement, hat Folgen für uns.

Klimawandel, Hungersnöte, Kriege, Fluchtbewegungen: Die globalen Herausforderungen und deren Folgen für die gesamte Weltgemeinschaft – erfordern auch in unserem diakonischen Tagesgeschäft, dass wir den Ruf zur Transformation hören und annehmen. Viele verstehen sich und ihre Arbeit bereits so und sind längst engagiert unterwegs.

Weltweites Netzwerk?

Die soziale Arbeit der Evangelischen Kirchen, unsre Einrichtungen und Unternehmen sind ja Knotenpunkte dieses weltweiten Netzwerks der Kirchen der Welt, wie es sich im Weltkirchenrat abbildet. Dass vielen von uns das theoretisch zwar klar ist, aber doch weitgehend ohne Auswirklungen auf unser Denken und Handeln bleibt, das ist mir auf dieser Konferenz noch einmal eindrücklich klargeworden.

Ökumenische Diakonie: Podiumsdiskussion während der Konferenz Diakonie und Entwicklung in Berlin. Foto: Diakonie/Kathrin Klinkusch.

Die lang hingenommene Entfremdung von professionalisierter Diakonie und verfasster Kirche, die wir in Deutschland heute aktiv zu überbrücken suchen, wirkt auch in unserem Verhältnis zur Weltkirche nach: „Wir & Ihr“ sind zu oft noch unverbunden. Das darf anders werden, finde ich. Welche Kirche wollen wir sein, in welcher Welt wollten wir leben? Das sind Fragen, die uns verbinden. Transformation, Wandel beginnt auch hier zuerst in unseren Köpfen (und Herzen).

Starker Resilienz-Faktor

Könnte der lebendige, streitbare Spirit der weltweiten Christenheit nicht auch zu einem starken Resilienz-Faktor auf unserem gemeinsamen Weg in die Zukunft werden? Hier bewusster anzudocken, könnte spannend werden.

Dagmar Pruin sprach mit Blick auf diese ökumenische Gemeinschaft vom dem notwendigen „gelebten Widerspruch gegen das Zerbrechen globaler Verantwortungsgemeinschaft, das wir momentan erleben.“

Diesen Geist des gelebten Widerspruchs – auch gegen die Hoffnungslosigkeit und Zukunftsangst – brauchen wir in diesen Krisenzeiten auch im Einrichtungs- , Unternehmens- und Verbandsalltag der deutschen Diakonie. Um dran zu bleiben an dem, was wir unter der Überschrift „sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft“ mit zu gestalten haben.

Geist des Widerspruchs

Dieser Widerspruchsgeist äußert sich am überzeugendsten, wenn wir ins Tun kommen und unsere Verantwortung für Lieferketten, nachhaltige Sanierung unserer Gebäude, neue Konzepte von Mobilität und faire Beschaffung wahrnehmen.

Wie gesagt: Viele Unternehmen sind hier längst sehr engagiert unterwegs. Dazu brauchen wir als gemeinwohlorientierte Unternehmen, die mit guten Gründen keine Gewinne erwirtschaften dürfen, die nachhaltige finanzielle Unterstützung der Politik.

Ich bin froh, dass uns unsere enge Weggemeinschaft mit Brot für die Welt immer wieder daran erinnert, dass wir Teil einer vielfältigen Gemeinschaft von Christ:innen sind, die sich im Weltkirchenrat – trotz ungezählter Konflikte – diskutierend und Gottesdienst feiernd gemeinsam auf den Weg gemacht hat: in Richtung „Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung“. Wir sollten uns gemeinsam mit ihnen auf den Weg machen.