Zukunft säen

Was Bienenfreundlichkeit mit der Diakonie und ihrem 175-jährigen Jubiläum zu tun hat, kann man in den nächsten Tagen auch im Forum Diakonie in der Halle 9 auf dem Nürnberger Messegelände erfahren: Heute beginnt der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT).  Rund 100 000 Gäste werden erwartet – und wir sind mit der Jubiläumskampagne #ausLiebe zu 175 Jahre Diakonie vor Ort.

Samentütchen "Manchmal heißt Liebe, Zukunft zu säen."
175 Jahre Diakonie:  Manchmal heißt Liebe, Zukunft zu säen. #ausLiebe – auch auf dem 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Foto: Diakonie/Claudine da Rocha.

Biotop Kirchentag

Der Kirchentag als größtes christliches Laientreffen in Deutschland ist für die Diakonie so etwas wie ein natürliches Biotop: nah bei den Menschen, nah am Puls der Zeit. Ein Ort der Vernetzung, des Austauschs, des gemeinsamen Singens und Betens. Vom Kirchentag gehen Impulse aus, die in den Gemeinden und darüber hinaus wirken.

Auch der Gründungsimpuls für das, was wir heute „Diakonie“ nennen, ging ja von einem sogenannten Kirchentag aus: Im Revolutionsjahr 1848 versammeln sich rund 500 evangelische Männer (!) in Wittenberg, um über die institutionelle Zukunft der Kirche in gesellschaftlich unruhigen Zeiten zu beraten.

Eigentlich stehen Johann Hinrich Wichern und Co. mit ihren sozialen Anliegen eher unter „ferner liefen“ auf der Agenda. Doch der Pädagoge und Theologe verschafft sich Gehör. Er liest seiner Kirche die Leviten, wirft ihr völliges Versagen im Umgang mit der massenhaften Verelendung der Bevölkerung vor und entwirft ein Gegenbild von Kirche, die in einem Netz der „rettenden Liebe“ den Menschen zur Seite steht und wirksam gegen diese Verelendung vorgeht. Wichern hat Erfolg: Der Central-Ausschuss für Innere Mission wird gegründet und die Geschichte der verbandlichen Diakonie beginnt.

Revolutionäre Ideen

Mich fasziniert im Rückblick, was möglich wird, wenn jemand zur richtigen Zeit, am richtigen Ort den Mund aufmacht – frei nach dem Kirchentagsmotto „Jetzt ist die Zeit!“ Mich inspiriert, wie neues Denken entsteht, wie eine Rede komplexe Prozesse in Gang setzen kann, wie Menschen mutig beginnen, ihre Gegenwart neu zu gestalten, um Zukunft zu gewinnen.

Mich beeindruckt, wie sie beginnen, neue Allianzen zu schmieden und sich gemeinsam auf den Weg machen – ohne zu wissen, ob es gelingt. Davon kann man lernen – seit 175 Jahren. Es ist diese Pionierhaltung, die wir heute wieder brauchen, in diesen sich rasant verändernden Zeiten, die Soziologen als Epochenbruch bezeichnen. Auch heute stehen wir vor gesellschaftlichen Herausforderungen, die schier unlösbar erscheinen. Das Stichwort sozial-ökologischer Umbau soll hier genügen.

Mich begeistert, wie es in der Ständegesellschaft des 19. Jahrhunderts durch diakonisches Handeln möglich wurde, dass Männer und Frauen aus unterschiedlichen sozialen Schichten gemeinsam aktiv wurden. Das anspruchsvolle Projekt, in der durch die rasante Industrialisierung zerrütteten Gesellschaft ein Netzwerk der „rettenden Liebe“ zu knüpfen, hat – bis heute spürbar – seine große Innovationskraft nicht verloren.

Mehr von diesem Geist wünsche ich mir als Rückenwind in unseren Zeiten tiefgreifender ökonomischer, sozialer und ökologischer Transformationen. Jetzt ist die Zeit!

Trennendes überwinden

Wer sind unsere Kooperationspartner:innen? Gelingt es uns, weltanschauliche Gräben zu überwinden, die uns an zukunftsorientiertem Handeln hindern? Schaffen wir es, „Blasen“ aufzulösen und z. B. mit der Wirtschaft gemeinsam Ziele zu definieren, die wichtiger sind, als das Trennende?

Wir brauchen dringend neues Denken, Kollaborationen  und neue Allianzen mit gemeinsamen Zielen! Und zwar auf allen Ebenen des Handelns – in der Nachbarschaft vor Ort, aber auch auf Landes- und Bundesebene der Verbandsarbeit: Diakonie mit anderen, die ihre Ideen, Möglichkeiten und Ressourcen mit anderen entwickelt und teilt.

Ich denke an Allianzen, wie sie die Diakonie mit dem NABU eingegangen ist, an Verbindungen zur Offenen Gesellschaft, an digitale Plattformen und Netzwerke wie DUCAH, aber auch an Kooperationen mit Partnern wie dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung oder dem GKV, um gemeinsam Themen zu platzieren und Projekte voranzubringen, die helfen, neue Wege durch die Herausforderungen unserer Zeit zu finden.

Zündende Ideen

Wer weiß, was aus den Allianzen unserer Zeit wachsen wird? Wer weiß, wer in den kommenden Tagen ins Gespräch kommen wird und eine zündende Idee für den nächsten Schritt hat – weil es den Kirchentag gibt?

Niemand konnte 1848 voraussehen, was aus diesem Gründungsimpuls der Inneren Mission in 175 Jahren entstehen würde: Unter dem weiten Dach der Diakonie arbeiten heute mehr als 600.000 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dazu kommen rund 700.000 freiwillig Engagierte. Jede und jeder von ihnen ist unersetzlich. Sie unterstützen und beraten, sie pflegen und begleiten, helfen und motivieren und erreichen so Jahr für Jahr rund 10 Millionen Menschen – in mehr als 30 000 diakonischen Einrichtungen und in den Gemeinwesen vor Ort.

Team Diakonie

Dieses breit aufgestellte, multiprofessionelle „Team Diakonie“ ist ein nicht zu unterschätzender Faktor in unserem Land. Tag für Tag, rund um die Uhr, knüpfen wir nach wie vor an einem weit gespannten Netzwerk von Menschenfreundlichkeit, Nächstenliebe und Sinn für Teilhabegerechtigkeit. Darum steht das Diakonie-Jubiläum unter dem Motto #ausLiebe. Sie in die Zukunft zu tragen, ist eine der wichtigen Aufgaben, der wir uns auch im Jubiläumsjahr stellen.

Plakatmotiv Jubiläumskampagne: Lächelnder Mann mit Salatkorb: Manchmal heißt Liebe, den Salat zu haben.#ausLiebe
#ausLiebe: Die Jubiläumskampagne wird in Nürnberg an vielen Orten zu sehen sein. Foto: Diakonie

Unserer Jubiläumskampagne wird in Nürnberg an vielen Orten in der Stadt zu sehen sein. Achten Sie auf violett! Die pfiffigen Plakate laden zum Nachdenken ein. Sie stellen die Menschen in den Mittelpunkt, für die sich die Diakonie seit ihren Anfängen stark macht: Einkommensarme, Alte, Kranke, Familien, Wohnungslose, Geflüchtete und viele andere, mit denen wir in unseren Arbeitsfeldern unterwegs sind.

Wer mehr wissen möchte, zum Beispiel über die wechselvolle Geschichte der Diakonie oder die konkrete Arbeit heute, ist herzlich ins Forum Diakonie auf dem Markt der Möglichkeiten in Messehalle 9 eingeladen. Hier gibt es Informationen, Möglichkeiten zum Gespräch, eine Geschicklichkeits-Challenge auf dem Rollstuhlparcours, Gelegenheit zum Ausruhen im kirchentagserprobten Café Pause Inklusiv und die Chance zum Mitmachen als Kampagnenbotschafter:in – zum Beispiel vor der Selfiewand: #ausLiebe. Jetzt ist die Zeit.

Klimaoasen – #ausLiebe

Und die Bienenfreundlichkeit? Zusammen mit dem NABU wirbt die Diakonie Deutschland dafür, naturnahe, insektenfreundliche Gärten rund um diakonische Einrichtungen anzulegen. Lauter kleine und größere Klimaoasen für die Nachbarschaft. Diakonieviolette Samentüten im Kampagnendesign mit Sonnenblumen und Sommerblumenmischungen können einen Anfang machen: „Manchmal heißt Liebe, Zukunft zu säen.“