Einsamkeit und Empathie

Einsamkeit ist das Thema meiner diesjährigen Sommerreise. Montag geht es los. Vier Tage werden wir mit einem kleinen Team unterwegs sein und Projekte und Einrichtungen der Diakonie besuchen, Gespräche führen, diskutieren, sehr genau hinsehen, viel zuhören. Ganz im Sinne unserer Kampagne: Unerhört! Diese Einsamen. „Einsamkeit und Empathie“ weiterlesen

Wir sind so frei – und sagen „Danke“

Wir sind so frei – und bedanken uns. In großen Lettern, weiß auf violett, plakatieren wir landauf, landab: „Danke, Ihr Geimpften.“ Die Impfung ist der beste Schutz jedes und jeder Einzelnen vor einem schweren Verlauf der Krankheit, und sie bietet der Gesellschaft damit den Schutz vor der Überlastung des Gesundheitssystems. So gesehen ist sie das einzige Mittel, um die Pandemie zu überwinden und all die Freiheiten zurückzubekommen, auf die wir in den zurückliegenden zwei Jahren so schmerzlich verzichtet haben. Ja, wir sind so frei und sagen denjenigen unseren Dank, die dazu durch Impfungen ihren Beitrag geleistet haben. „Wir sind so frei – und sagen „Danke““ weiterlesen

Impfkampagne – das geht besser!

Nur das, was ankommt, ist auch kommuniziert. Diese einfache Tatsache wird im Streit über die allgemeine Impfpflicht gerne übersehen. Denn wären die noch immer Unentschlossenen oder Skeptischen mit guten Argumenten erreicht und überzeugt worden, hätten wir die Debatte nicht. Dabei geht es nicht nur um den Schutz möglichst vieler Menschen vor dem Virus, sondern auch um die demokratische Kultur. Schließlich müssen in der liberalen Gesellschaft die Regierenden und ihre parlamentarischen Mehrheiten die Bürgerinnen und Bürger immer wieder neu überzeugen – sie haben die demokratische Pflicht, ihr Tun zu erklären, und sie dürfen nicht einfach ihren Willen durchsetzen. In der Impfdebatte ist dies allerdings nur zum Teil gelungen: 14 Prozent der erwachsenen Menschen in Deutschland wollen sich weiterhin nicht impfen lassen oder sind unentschlossen. Was ist hier schiefgelaufen? „Impfkampagne – das geht besser!“ weiterlesen

Alle Jahre wieder: Kinderweihnacht

Alle Jahre wieder im Dezember, wenn in unseren Breiten die Nächte länger und kälter werden, verdichtet sich bei vielen Menschen, ob gläubig oder nicht, eine Sehnsucht nach Licht, Wärme und Geborgenheit und nach einem Raum, in dem Verletzliches und Zartes unversehrt bleiben. „Alle Jahre wieder: Kinderweihnacht“ weiterlesen

Unerhört! Diese Armen.

„Menschen mit Armutserfahrung sind Expert*innen in eigener Sache. Armut bedeutet politische Ausgrenzung. In den politischen Entscheidungsprozessen spielen unsere durch Armut geprägten Sichtweisen und unsere Lebenserfahrungen keine Rolle. Wir wehren uns gegen alle Formen der Ausgrenzung und fordern das demokratische Recht auf Gehört-Werden, Beteiligung und gesellschaftliche Mitgestaltung ein.“

So beginnt das Papier „Der soziale Notstand ist da. Nicht nur Viren, sondern auch Armut und Ausgrenzung bekämpfen!„. Mit ihm haben sich Menschen mit Armutserfahrungen bereits im Sommer dieses Jahres zu Wort gemeldet. Leider hat ihr Aufruf an Aktualität nichts verloren. Deswegen bekommt er, bekommen sie in diesem Blog eine Bühne. „Unerhört! Diese Armen.“ weiterlesen

Der Trost der Kerzen

Die Adventszeit ist Corona-resistent. Darauf vertraue ich. Verlässlich speist das Kirchenjahr einen anderen Ton und ein anderes Licht in die Zeit – ganz unabhängig davon, was die Gegenwart im Gepäck hat. Und besonders in der Vorweihnachtszeit leuchtet dieses andere Licht auch im Alltag unserer säkularisierten und gleichzeitig so vielfältig religiösen Gesellschaft umso heller auf.

Symbolbild für Advent
Der Trost der Kerzen: Licht am Wichernkranz der Diakonie Deutschland auf der Plenarsaalebene des Bundestages. Foto: Diakonie/Stephan Röger

Gute Nachrichten

Gott will im Dunkeln wohnen. Davon könnten auch die vielen Lichter in Innenstädten und Wohnzimmern erzählen. Wer es leuchten lässt, verweigert sich den länger werdenden Nächten, bringt Licht in unsere Dunkelheiten. Es gibt diesen Trost der Kerzen, einen Trost dieses anderen Lichtes. Und es ist jedem Menschen möglich, dieses Licht zu erleben und erlebbar zu machen. Die Adventszeit bietet da viele Möglichkeiten. Das ist eine sehr gute Nachricht.

Am vergangenen Mittwoch habe ich, wie in jedem Jahr, eine Erinnerung an dieses Licht an Petra Pau, die Vize-Präsidentin des Bundestags, übergeben: den Wichern-Kranz der Diakonie. In diesem Jahr trägt er 27 Lichter – vom 1. Advent bis zum Heiligenabend.

Advent im Bundestag

Coronabedingt fand unsere Übergabe auch in diesem Jahr nicht in großer Runde, sondern nur im kleinsten Kreis statt. Es war schlicht. Kein Kinderchor hat gesungen und für warmherzige Gefühle gesorgt. Aber der Kranz ist doch angekommen und wurde ausdrücklich willkommen geheißen.

Ein Licht entzünden: Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau und  Diakoniepräsdient Ulrich Lilie bei der Übergabe des Wichernkranzes im Bundestag. Foto: Diakonie/Stephan Röger

Auf der Plenarsaalebene des Reichstagsgebäudes wird er in den kommenden Wochen als stilles Symbol wirken. Im parlamentarischen Alltag, quasi „vom Rand her“, verweist er unaufdringlich auf eine andere Wirklichkeit. Gott will im Dunkeln wohnen. Auch den Menschen, die politisch in der Verantwortung stehen und so oft nicht genügen können, gilt der Trost des Lichtes.

Zeit des Neuanfangs

In der christlichen Tradition ist die Adventszeit eine Zeit des Neuanfangs, des Umdenken-Lernens. Das griechische Wort dafür heißt „Metanoia“ und meint: sich von etwas bewegen zu lassen, mit etwas zu rechnen, das zum Neuanfang und zur Umkehr befähigt.

Das ist der tiefere Sinn der Besinnlichkeit, die viele mit dem Advent verbinden. Besinnung führt nach innen. Fragen können sein: Was hindert mich daran, neu anzufangen? Was brauche ich, um mich verabschieden zu können? Denn Neuanfänge setzen ja Abschiede voraus. Und Abschiede können sehr schmerzhaft sein.

Uns allen wird aktuell eine Vielzahl von Abschieden zugemutet. Wir müssen Gewohnheiten hinter uns lassen, Gewissheiten – und viel zu viele geliebte Menschen. Die Trauer um nun über 100.000 Corona-Tote allein in Deutschland: Wie viel Leid wohnt derzeit unter deutschen Dächern, wie viel Verunsicherung und Angst.

Notwendige Abschiede

Dazu kommen nahezu täglich neue Anforderungen: Ständig müssen wir dazu lernen, vermeintlich sicher Gewusstes verlernen und schon wieder neu lernen. Ob als Bürger:innen, als Verantwortungsträger:innen in Politik und Wirtschaft, in Kultur, Kirche, Krankenhaus, Schule oder wo auch immer. Vieles in unserer Welt ist in Bewegung.

Einige Hellsichtige sagen, es gehe in unserer Zeit sehr grundsätzlich um notwendige Abschiede. Es gäbe mancherlei, womit wir aufhören müssten. Die westlichen Gesellschaften suchen nach einer neuen Erzählung für eine freie und gerechte, solidarische und nachhaltige Gesellschaft der Vielfältigen in einer weltweiten Klimakrise.

Ur-Erzählung vom Neuanfang

Christen entzünden in mitten von all dem die Kerzen des Adventskranzes. Übermorgen die zweite große Kerze. Und dieses „Immer- wieder-Lichter-Entzünden“ im Advent erinnert uns mit verlässlicher Regelmäßigkeit, alle Jahre wieder, an die Geburt eines Kindes in einem zugigen Verschlag in einem scheinbar gottvergessenen Allerweltswinkel der Weltgeschichte.

Es ist eine der christlichen Ur-Erzählungen vom Neuanfang: Die Geburt des menschgewordenen Gottes genau dort, am Rande der Welt, setzt einen leicht zu übersehenden, sehr verletzlichen, aber überaus wirksamem Neuanfang. Ein Mensch erblickt das Licht der Welt, der andere Menschen ins rechte Licht rückt, die sonst eher ungesehen oder unerhört bleiben.

Diese herausfordernde Aufmerksamkeit für die Ungesehenen und Unerhörten wird das Erwachsenenleben dieses neugeborenen Kindes prägen. „Licht der Welt“, wird man Jesus Christus darum später nennen. Er lehrt uns eine neue Sicht: Rechnet nicht mit Wundern im Rampenlicht. Wunder geschehen – „still und unerkannt“ – an und von den Rändern her.

Wunder vom Rand

„Vom Rand her“ improvisierte auch das Team um Johann Hinrich Wichern 1839 den Ur-Adventskranz. Aus einem ausrangierten Wagenrad, mit Tannengrün und Kerzen. Jeden Tag sollte es etwas heller werden für die Straßenkinder, die im Rauhen Haus zu Hamburg eine Heimat gefunden hatten.

Sie verschwendeten, so kann man es auch sehen, teure Leuchtmittel für eine symbolische Handlung an einem Ort, wo niemand sonst es sehen kann. Gott will im Dunkeln wohnen.

Diakonie Deutschland hat sich von Wicherns Kerzen inspirieren lassen: In diesem Jahr gibt es auf Instagram und Facebook einen Wichernkranz-Adventskalender, der sich aus Selfies aus dem großen Team Diakonie zusammensetzt:

Wichernkranz-Adventskalender

Ehrenamtliche und Hauptamtliche entzünden ihre Kerze. Jeden Tag ein Licht, irgendwo in Deutschland: vom Vorstand bis zur Servicekraft, von der Herdenmanagerin bis zum IT-Spezialisten, bei der Telefonseelsorge und der Bahnhofsmission, im Krankenhaus und in Beratungsstellen, bei Flut- und Kältehilfe, im Hospiz, in der Jugendhilfe und im inklusiven Socialmediateam.

Unterschiedliche Gesichter und Menschen, unterschiedliche Talente und Professionalitäten. Kleinere und größere Lichter, die an ihrem Platz „leuchten“, und jeden Tag und jede Nacht daran mitwirken, dass es heller wird in unserem Land. Eine Lichterkette der Aufmerksamkeit für andere, ein leuchtendes Netz der Menschenfreundlichkeit, an dem alle mitknüpfen können, an dem wir uns freuen dürfen. Auch in diesem zweiten anstrengenden Corona-Winter.

Segen und Licht

Aber: Die Adventszeit ist Corona-resistent. Gott will im Dunkeln wohnen. Nur eine Kerze anzuzünden, kann mitunter helfen, sich daran erinnern zu lassen. Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Adventszeit und Menschen, die Sie ins Licht setzen.

Corona-Typen und Gefühle

Wie geht es Ihnen? Nach 22 Monaten emotionaler Achterbahnfahrt in einer schrecklichen Pandemie, die in Deutschland schon fast 100.000 Menschenleben gekostet hat? Mitten in der vierten Welle, gefühlt jeden Tag ein weiterer Flugzeugabsturz mit Hunderten Toten? Resigniert oder noch hoffnungsvoll, dass es im nächsten Frühjahr ein Ende hat? Vielleicht sind Sie auch, so wie ich, manchmal „mütend“? In dieser seltsamen Stimmung zwischen wütend und müde? „Corona-Typen und Gefühle“ weiterlesen

Sozialstaat sichern

Wenn über ökonomische Themen wie Investitionen oder Finanzierungslücken gesprochen wird, geht es oft um die Lebensqualität von Menschen. Und frei nach dem Mann aus Nazareth muss gelten: Die Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Wirtschaft. Erst recht im Gesundheits- und Sozialwesen. „Sozialstaat sichern“ weiterlesen

Soziale Superkräfte?

Ob in den Kindergärten oder in der Jugendhilfe, in der Arbeit mit Menschen mit Handicap, in Beratungsstellen und natürlich in Krankenhäusern, Altenpflegeeinrichtungen oder Hospizen: Ein Jahr arbeiten unter Coronabedingungen geht an die Substanz.

Ich denke oft mit viel Sympathie und auch mit Sorge an die unzähligen Kolleginnen und Kollegen in den vielen Einrichtungen der Diakonie, die ihre sehr anspruchsvolle Arbeit nah am Menschen nun schon so lange unter massiv erschwerten Bedingungen leisten. „Soziale Superkräfte?“ weiterlesen

Trotzdem: Fröhlich!

„Fröhlich soll mein Herze springen“ ist ein eher unbekanntes Weihnachtslied. Kirchen-Insider mögen hier widersprechen. Aber machen wir uns nichts vor: Gegen „Stille Nacht“, „O, Tannenbaum“ oder „I‘m dreaming of a white Christmas“ kommt der Paul Gerhardt/Johann Crüger-Klassiker aus dem 17. Jahrhundert nicht wirklich an.

Und in diesem Jahr wirken die alten Worte zudem für viele fast unpassend euphorisch. Fröhlich soll mein Herze springen? Ich denke da an ein hüpfendes Kind. – Wir von Diakonie Deutschland haben unseren diesjährigen Weihnachtsgruß trotzdem von diesem Lied inspirieren lassen. „Trotzdem: Fröhlich!“ weiterlesen