Diakonie muss sich ändern

Heute bin ich in Karlsruhe zu Gast bei der Diakonischen Konferenz der Diakonie Baden, einem unserer 15 Landesverbände. Das Wort „Landesverband“ klingt etwa so aufregend wie „Behörde“. Dabei ist ein Landesverband ein vibrierender Kosmos. Nur ein paar Zahlen: Derzeit sind rund 490 Kirchengemeinden, 24 Kirchenbezirke, 23 Kirchengemeinde- und Diakonieverbände und mehr als 360 Freie Träger Mitglied im Diakonischen Werk Baden.

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Sie arbeiten in den Bereichen Kranken-, Jugend-, Familien- und Altenhilfe, Hilfe für Menschen mit Behinderungen, Personen in besonderen sozialen Situationen und Tageseinrichtungen für Kinder. Mehr als 36 000 Frauen und Männer stehen bei der Diakonie in Baden in Lohn und Brot, unzählige Freiwillige ermöglichen die Arbeit. Ein vibrierender Kosmos eben. „Diakonie muss sich ändern“ weiterlesen

Rücksichtnahme, Respekt, Ressourcen

An diesem Wochenende findet in Münster die 40. Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen statt. Die Diakonie ist eingeladen worden. Es klingt seltsam, so etwas zu schreiben, denn die Diakonie ist ja keine resolute Dame, die man einladen könnte. Die Diakonie ist ein konfessioneller Wohlfahrtsverband, ein komplexes Gebilde aus 15 Landes-, ca. 70 Fachverbänden und neun frei- und altkonfessionellen Kirchen mit ihren diakonischen Einrichtungen. Zusammen sind wir die soziale Arbeit der evangelischen Kirchen, unsere Klientel sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft, egal welcher Religion oder Weltanschauung sie angehören.

© Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen unter CC 2.0 via
© Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen unter CC 2.0 via

Der Staat hat diese Aufgabe an uns und andere delegiert. Im Interesse dieser Schwächsten arbeitet Diakonie, und auch in ihrem Interesse werde ich heute bei den Grünen sprechen. „Sozialer Zusammenhalt“ heißt der Tagesordnungspunkt. Die Rede finden Sie, wenn Sie runterscrollen: „Rücksichtnahme, Respekt, Ressourcen“ weiterlesen

Nützliche Idioten

Ich habe vor einiger Zeit einen diplomatischen Fauxpas begangen. Ich habe die politisch nicht korrekte Formulierung „Nützliche Idioten“ gebraucht. Und zwar öffentlich. In einem Interview rund um die Frage, wie ich es beurteile, dass Mitarbeitervertretungen (MAV) unter dem Dach der Diakonie den Dritten Weg in Frage stellen und angefeuert von ver.di in einer Konfliktsituation Front machen gegen die Diakonischen Dienstgeber.

Schlichtung statt Streik © Dennis Wegner unter CC 2.0 via
Schlichtung statt Streik © Dennis Wegner unter CC 2.0 via

(Dienstgeber, dass sei kurz erläutert, ist der Diakoniebegriff für Arbeitgeber, Dienstnehmer für Arbeitnehmer, gemeinsam sind sie eine Dienstgemeinschaft. Dazu später mehr.) „Nützliche Idioten“ weiterlesen

Zwischenruf: Integration vor Ort

Was ist wichtig für eine gute Integration von Flüchtlingen und ein gelingendes Miteinander. Darüber haben wir, Vertreter von Verbänden, Wirtschaft, Kirchen und Stiftungen, die sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen engagieren, gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen.

Nachtasyl – Nochlezhka

„Nachtasyl“ heißt das bekannteste und erfolgreichste Theaterstück des russischen Schriftstellers Maxim Gorki. Ort der Handlung dieses Dramas ist ein Elendsquartier im Russland der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Es ist zu gleich Gorkis düsterstes und ein schwer verdauliches Drama.

Geöffneter Bus an dem Menschen auf Tee und Essen warten
Mitternachtsbus für obdachlose Menschen

„Nochlezhka“ – zu deutsch „Nachtasyl“ ist auch der Name einer russischen wohltätigen Organisation, die sich seit 1990 für die Rechte und die Verbesserung der Lebensbedingungen von wohnungslosen Menschen in der Russischen Föderation einsetzt. „Nachtasyl – Nochlezhka“ weiterlesen

Neue Perspektiven – Novye Perspektivy

Noch bis Samstag bin ich in Russland unterwegs.  Hier besuche ich unter anderem einige soziale Projekt, wie die NGO „Neue Perspektiven“, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung einsetzt. Ich möchte gerne einige Eindrücke teilen:

Gregory (Namen geändert) möchte irgendetwas mit Computern machen, wenn er endlich in seiner eigenen Wohnung leben und einem selbstbestimmten Leben nachgehen kann. Und Pjotr will endlich einmal mehr Geld verdienen als das bisschen Taschengeld, das er bisher in der Werkstatt der großen Behinderteneinrichtung für seine Arbeit erhalten hat, in der er wie Gregory und seine beiden Mitbewohner seit ihrem ersten Lebensmonat leben müssen.

Verselbständigungswohngruppe für junge Menschen
Verselbständigungswohngruppe für junge Menschen

Die meisten Säuglinge mit Behinderungen werden den Eltern in Russland bereits unmittelbar nach der Geburt weggenommen, manche schlicht für tot erklärt. „Neue Perspektiven – Novye Perspektivy“ weiterlesen

Unersetzbar: Die Kraft zivilisierter Religion

© Fischer Verlag
© Fischer Verlag

Das berühmte Blaue Sofa auf der Frankfurter Buchmesse interessiert mich in diesem Jahr gewissermaßen persönlich. Denn heute am spätnachmittag stellt Harald Welzer dort unser Debattenbuch „Die offene Gesellschaft und ihre Freunde“ vor.

Der vielstimmige Band dokumentiert Diskussionsbeiträge des Projekts „Offene Gesellschaft“ über das ich im Blog schon mehrfach geschrieben habe – und trägt die Debatte so weiter in die Öffentlichkeit.

Ich freue mich, dass der Verlag dem Buch eine solche Plattform verschafft. Ungewöhnlich für ein Taschenbuch. Aber es geht ja um viel: Um das Land, in dem wir leben wollen. „Unersetzbar: Die Kraft zivilisierter Religion“ weiterlesen

Überschätzt: Gemeinsame Werte

Die kommenden beiden Tage werde ich in Dresden verbringen. Sogar mit Blick auf Elbe und Stadtsilhouette. Die Konferenz Diakonie und Entwicklung (KDE), unsere jährliche Mitgliederversammlung und das höchste Beschlussgremium des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung, tagt dort im Internationalen Congress Center. Die Konferenz – das sind 112 Delegierte, aus den Kirchen, den Landes- und Fachverbänden und Ausschüssen – ist ein kleiner Kosmos für sich. Und eine Christentagung im säkularisierten Sachsen.

© Frank Exß
© Frank Exß

Unser Schwerpunktthema heißt: Integration. Es geht um Geflüchtete, aber auch um andere Menschen mit Migrationshintergrund, und es geht um uns. Es geht vor allem darum, wie sich gesellschaftlicher Zusammenhalt im Einwanderungsland Deutschland in einer globalisierten Welt stärken lässt. Wie lassen sich „Einigkeit und Recht und Freiheit“, die in unserer Nationalhymne erst jüngst in Dresden besungen (und ausgepfiffen) wurden, in unserer vielfältiger und widersprüchlicher werdenden Gesellschaft mit Leben füllen? Welche Rolle können Diakonie und Kirche dabei spielen? „Überschätzt: Gemeinsame Werte“ weiterlesen

Tafel der Vielfalt

Heute hatten wir Gäste. Sehr unterschiedliche Gäste. Wir, das sind die Diakonie Deutschland und der Deutsche Caritasverband. Wir haben im Rahmen der Interkulturellen Woche am Tag des Flüchtlings, zu einer „Tafel der Vielfalt“  geladen. Am Washingtonplatz, direkt am Berliner Hauptbahnhof: Ein offenes Zelt, ein festlich gedeckter Tisch, eine freundliche Atmosphäre.  Fest  – und Tischredner war Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert. Und eingeladen waren Geflüchtete, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sowie Vertreter von Organisationen und Institutionen, die sich auch für eine offene Gesellschaft engagieren.

Vom Deutschen Musikrat bis zum Zentralrat der Muslime, von der IG Bergbau, Chemie, Energie bis zur Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, von den Kirchen über Pro Asyl, dem Deutschen Frauenrat bis hin zum Deutschen Fußballbund.  Mit einer der schönsten Gesten, mit einem gemeinsamen Essen wollen wir ein öffentliches und einladendes Zeichen für eine weltoffene Gesellschaft und ein gelingendes Zusammenleben zu setzen. Mehr dazu im Video.

Diakonie – Freundin der offenen Gesellschaft

12:30 Uhr, Bundespressekonferenz. Das ist kein üblicher Termin für einen Diakoniepräsidenten heute. Einerseits. Andererseits: Diakonie leitet sich von dem griechischen Wort „diakonein“ ab. Das bedeutet nicht nur „dienen, vermitteln“, sondern auch „dazwischengehen.“ Menschen, die diakonisch tätig sind, bleiben nicht abseits, sondern gehen dazwischen, vermitteln, bauen Brücken, helfen, suchen Lösungen, mischen sich ein.

Postkarte von www.die-offene-gesellschaft.de

Wir in Diakonie und Kirche sollten auch nicht abseits stehen, wenn es um die Zukunft Deutschlands geht. Die offene, demokratische Gesellschaft, unter deren Dach Menschen mit sehr unterschiedlichen Werten, Weltanschauungen und auch Religionen eine Heimat finden, wird derzeit massiv angegriffen. Eine Minderheit – etwa ein Fünftel unter uns – gibt ihrer Unzufriedenheit Ausdruck: bei Wahlen, Demonstrationen, im Internet. Sie verlangt nach einem restriktiveren, homogeneren Gemeinwesen, nach einem „deutscheren Deutschland“. Es ist ihr demokratisch verbrieftes Recht, diese Meinung zu äußern. Aber es kann nicht angehen, dass diese Minderheit die politische Debatte dominiert und das gesellschaftliche Klima erhitzt, wie sie es seit gut einem Jahr tut. Sie hat mehr Einfluss, als ihr zusteht. Das kann auch uns in den Kirchen nicht egal sein. Es ist also höchste Zeit, diakonisch zu werden und dazwischen zu gehen. „Diakonie – Freundin der offenen Gesellschaft“ weiterlesen