Ubuntu – Wir schaffen das nur gemeinsam

Das Personalpronomen „Wir“ ist ebenso einvernehmend wie unpräzise.   Ob „Wir sind Papst!“  – Schlagzeile der Bildzeitung 2005 nach der Wahl des Kardinals Joseph Ratzingers zum Bischof von Rom – oder Angela Merkels  „Wir schaffen das!“  von 2015. „Wir“ suggeriert ein Bild von Geschlossenheit und Einigkeit und vereinnahmt die Leistung eines anderen für eine Gruppe: „Wir sind Weltmeister“ gehört auch in diese Liga. Ich ertappe mich selber immer wieder dabei, ins „wir“ zu rutschen, wenn ich meiner Position mehr Gewicht verleihen möchte.

Dabei reagiere ich selbst auf unzulässige  Verallgemeinerungen in der Regel eher ärgerlich und habe den schönen  Spontispruch im Hinterkopf: „‚Wir sind doch alle Individualisten.‘ – ‚Ich nicht.‘“ „Ubuntu – Wir schaffen das nur gemeinsam“ weiterlesen

Die Armutsspirale durchbrechen

Auf meinen Reisen begegne ich oft Menschen, die Probleme als Herausforderung ansehen, über ihren Bereich hinausdenken und die Grundhaltung haben, gemeinsam schaffen wir das: Heike Binne ist so eine Anpackerin. Ich habe sie gestern kennengelernt: Sie ist Quartiersmanagerin in Bremen Lüssum und betreut unter anderem das „Haus der Zukunft“. Der Stadtteil gilt als sogenannter Problembezirk, fast jedes 3. Kind lebt in Armut. Viele dieser Kinder kommen aus Familien mit Eltern im Hartz-IV Bezug und haben kaum Perspektiven.

Hausaufgabenbetreuung nach dem Mittagessen in der Egestorffgrundschule © Anieke Becker
Hausaufgabenbetreuung nach dem Mittagessen in der Egestorffgrundschule © Anieke Becker

Aber was man schafft, wenn man Kooperationen eingeht, Hilfe leistet und auch welche annimmt, kann man hier wunderbar sehen. Im „Haus der Zukunft“ arbeiten Stadt, Kirche, freie Träger, viele Vereine und die Diakonie Bremen eng mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen. Daraus ist ein menschenfreundlicher und ausstrahlender Ort entstanden mit einer Kindertagesstätte, Sportangeboten, Sprach- und Musikkursen. „Die Armutsspirale durchbrechen“ weiterlesen

Umsorgung – Palliativmedizin in Norwegen

Von Norwegen lernen. Das war im Grunde das Motto der vergangenen drei Tage, die ich mit einer kleinen Delegation aus Vertretern von Diakonie, Gesundheitspolitik und der gesetzlichen Krankenkassen in Bergen verbringen konnte.

In Palliativstation im Haraldsplass Diakonale Sykehus. „Sunniva Sengepost“ heißt soviel wie „Station Sonnenaufgang“
Palliativstation in Norwegen. „Sunniva Sengepost“ heißt soviel wie „Station Sonnenaufgang“

Der erste Termin nach meinem Sommerurlaub: Wir waren unter anderem zu Besuch im Haraldsplass Diakonale Sykehus – einem diakonischen Krankenhaus, das in der Kommune Bergen eine wichtige Rolle spielt, nicht zuletzt in der palliativen Versorgung. „Umsorgung – Palliativmedizin in Norwegen“ weiterlesen

Das Ohr Gottes

Im Haus der Kirche in Düsseldorf, wo ich als Superintendent früher mein Büro hatte, waren die Räume der ökumenischen Telefonseelsorge nur zwei Treppen tiefer. Ein Knotenpunkt des Trostes und der Anteilnahme mitten in der Großstadt. Mehr als einhundert solcher Knotenpunkte gibt es in Deutschland! Sie spannen gemeinsam ein unsichtbares und doch tragfähiges Netz der Hilfe durch unser Land. Die Telekom stellt dafür seit 1997 unentgeltlich die technische Infrastruktur zur Verfügung: Aus allen Netzen kann die Telefonseelsorge kostenlos erreicht werden.

Frau tippt Nachricht an Mobiltelefon
Viele Menschen suchen per Telefon anonym Trost und Anteilnahme © Ifotes

Oft, wenn ich mich nach einem langen Arbeitstag auf den Heimweg machte, begegnete ich im Treppenhaus oder in der Tiefgarage den Ehrenamtlichen, die bald ihre Nachtschicht beginnen würden. Wir grüßten uns beiläufig, vielleicht wechselten wir auch ein paar Worte, aber habe ich ihnen je gesagt, wie sehr mich ihr verlässliches Engagement beeindruckt? „Das Ohr Gottes“ weiterlesen

Reisen bildet

Ein rechteckiger oranger Zettel fällt mir seit Montag immer wieder ins Auge. Er steckt mit anderen Unterlagen in einer der zahlreichen Klarsichthüllen auf meinen Schreibtisch. Nur zwei Worte stehen darauf: „Orientierung stiften“. Es ist nicht meine Handschrift, sondern die eines Kollegen von Brot für die Welt.

Wir haben in einer Kleingruppe miteinander diskutiert. Über das, was wir beide in unserer Arbeit tun möchten: Orientierung stiften. Aber was heißt das eigentlich 2016 für eine soziale Institution der Kirche in einer komplexer werdenden Gesellschaft? – Wir wissen es noch nicht. „Reisen bildet“ weiterlesen

Gemeinsam stark

Den schönsten, weil mit Abstand lebendigsten Termin in dieser Woche hatte ich bereits am Montag. Und er wirkt noch nach. Ich war zu Gast bei der berührenden Eröffnungsfeier der Special Olympics Hannover 2016, der nationalen Spiele für Menschen mit geistiger Behinderung.

Die große Eröffnungsfeier der Special Olympics (Foto: SOD/ Jörg Brüggemann OSTKREUZ)
Die große Eröffnungsfeier der Special Olympics (Foto: SOD/ Jörg Brüggemann OSTKREUZ)

Flagge, Flamme, Eidesformel und ein fröhlich-farbexplosives Bühnenprogramm – es wurde alles geboten. Mehr als 10.000 Menschen, Euphorie auf Rängen und in der Arena, das war eine ganz besondere Show.  „Gemeinsam stark“ weiterlesen

Gut Kirschen essen

„Das mit den Flüchtlingen regt mich auf. Das stimmt doch alles nicht.“ Die Frau, Mitte 50, Berlinerin, wurde energisch. Sie habe schon vor Monaten beschlossen, keine Nachrichten mehr zu verfolgen. Als gäbe es keine anderen Themen. Wo sie denn bitte wären, diese Flüchtlinge? All das Gezeter um eine Islamisierung Deutschlands, das sei doch Quatsch. In ihrem Alltag hätte sich rein gar nichts verändert. Sie habe sich durch Medien und Internet manipuliert und aufgehetzt gefühlt.

Kirschen in einer Schale
Lieber Kirschen pflücken statt Zeitung lesen – geht das?

Das wolle sie nicht zulassen. Darum habe sie sich eine Nachrichtensperre verordnet. Es sei früh genug, sich eine Meinung zu bilden, wenn tatsächlich Flüchtlinge in ihrem Leben auftauchten. Von Angesicht zu Angesicht. Und jetzt führe sie in den Garten. Zum Gießen. „Gut Kirschen essen“ weiterlesen

Beeindruckende Lebenskraft und sehr viel menschliche Not

Er sitzt mir im Rollstuhl gegenüber. Ein kräftiger junger Mann, die Baseballkappe verkehrt herum auf dem Kopf. Vor drei Jahren schon verlor Mohammed in Damaskus bei einem Bombenanschlag beide Beine und einen Arm. Auf einem Auge ist er seitdem fast erblindet. Seit neun Monaten lebt der 28-Jährige in einer diakonischen Einrichtung* für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge in Berlin-Lichterfelde.

Präsident der Diakonie Ulrich Lilie unterhält sich mit Mohammed, der im Rollstuhl sitzt.
In der Gemeinschaftsunterkunft in Lichterfelde leben 280 besonders schutzberdürftige Geflüchtete – so wie Mohammed. © Ute Burbach-Tasso

Tischler hat er in Syrien gelernt, erzählt er mir in gebrochenem Deutsch, einer der Betreuer – seit fünf Jahren in Deutschland – übersetzt. Grafik-Design würde Mohammed jetzt gerne studieren. Er möchte gestalten und wünscht mir Frieden und Erfolg, als wir uns verabschieden. „Beeindruckende Lebenskraft und sehr viel menschliche Not“ weiterlesen

Pfingsten: die Muttersprache Gottes verstehen

Die Pfingsterzählung vom Heiligen Geist in Apostelgeschichte 2 ist ganz großes Kino. Special effects inklusive: Brausen, Feuerzungen vom Himmel und Fremdsprachenwunder. Ich werde am Sonntag in Berlin darüber zu predigen haben. Für den Blog möchte ich nur einen Satz aus der Pfingstgeschichte aufgreifen: „Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.“

Viele Menschen warten zur Hauptverkehrzeit auf einem U-Bahngleis in New York City © Chris Ford unter CC 2.0 via
Geschäftiges Treiben zur Rush Hour in New York – eine ähnliche Szene beschreibt Lukas in der Apostelgeschichte. © Chris Ford unter CC 2.0 via

Lukas filmreife Dramaturgie unterstreicht, wie wichtig das Ereignis für seinen Entwurf der Geschichte ist, aber entscheidend sind nicht die Blitze und nicht das Getöse, entscheidend ist die Sache mit dem Hören und Verstehen. „Pfingsten: die Muttersprache Gottes verstehen“ weiterlesen