Was erlebt ein Motorradfahrer, der seine Beine verloren hat, im Krankenhaus? Was sein Lebensgefährte? Was braucht die Mutter, deren Krebs zurück ist? Was fehlt der Neunzigjährigen auf der geriatrischen Akutstation, die Angst hat, nicht mehr nach Hause zu können? In meiner Zeit als Klinikseelsorger bin ich oft Menschen in solchen Situationen begegnet. „Avantgarde „Spiritual Care““ weiterlesen
Autor: Ulrich Lilie
#Impfen schützt
Ich möchte im neuen Jahr meine Fähigkeit zu staunen und zur Dankbarkeit trainieren. Auch als Diakonie-Präsident. Damit sich etwas verändern kann. Und verändern soll sich 2022 ja eine Menge – in der Pandemie und beim Pflegenotstand, bei der Kinderarmut und beim Klimawandel. Um nur vier Themen von erheblicher nationaler und internationaler Bedeutung zu nennen. Und wir wissen alle, dass schon die Haltung, mit der wir einer Situation begegnen, etwas verändert und Einfluss hat auf die Suche nach guten Lösungen. „#Impfen schützt“ weiterlesen
Alle Jahre wieder: Kinderweihnacht
Alle Jahre wieder im Dezember, wenn in unseren Breiten die Nächte länger und kälter werden, verdichtet sich bei vielen Menschen, ob gläubig oder nicht, eine Sehnsucht nach Licht, Wärme und Geborgenheit und nach einem Raum, in dem Verletzliches und Zartes unversehrt bleiben. „Alle Jahre wieder: Kinderweihnacht“ weiterlesen
Unerhört! Diese Armen.
„Menschen mit Armutserfahrung sind Expert*innen in eigener Sache. Armut bedeutet politische Ausgrenzung. In den politischen Entscheidungsprozessen spielen unsere durch Armut geprägten Sichtweisen und unsere Lebenserfahrungen keine Rolle. Wir wehren uns gegen alle Formen der Ausgrenzung und fordern das demokratische Recht auf Gehört-Werden, Beteiligung und gesellschaftliche Mitgestaltung ein.“
So beginnt das Papier „Der soziale Notstand ist da. Nicht nur Viren, sondern auch Armut und Ausgrenzung bekämpfen!„. Mit ihm haben sich Menschen mit Armutserfahrungen bereits im Sommer dieses Jahres zu Wort gemeldet. Leider hat ihr Aufruf an Aktualität nichts verloren. Deswegen bekommt er, bekommen sie in diesem Blog eine Bühne. „Unerhört! Diese Armen.“ weiterlesen
Der Trost der Kerzen
Die Adventszeit ist Corona-resistent. Darauf vertraue ich. Verlässlich speist das Kirchenjahr einen anderen Ton und ein anderes Licht in die Zeit – ganz unabhängig davon, was die Gegenwart im Gepäck hat. Und besonders in der Vorweihnachtszeit leuchtet dieses andere Licht auch im Alltag unserer säkularisierten und gleichzeitig so vielfältig religiösen Gesellschaft umso heller auf.
Gute Nachrichten
Gott will im Dunkeln wohnen. Davon könnten auch die vielen Lichter in Innenstädten und Wohnzimmern erzählen. Wer es leuchten lässt, verweigert sich den länger werdenden Nächten, bringt Licht in unsere Dunkelheiten. Es gibt diesen Trost der Kerzen, einen Trost dieses anderen Lichtes. Und es ist jedem Menschen möglich, dieses Licht zu erleben und erlebbar zu machen. Die Adventszeit bietet da viele Möglichkeiten. Das ist eine sehr gute Nachricht.
Am vergangenen Mittwoch habe ich, wie in jedem Jahr, eine Erinnerung an dieses Licht an Petra Pau, die Vize-Präsidentin des Bundestags, übergeben: den Wichern-Kranz der Diakonie. In diesem Jahr trägt er 27 Lichter – vom 1. Advent bis zum Heiligenabend.
Advent im Bundestag
Coronabedingt fand unsere Übergabe auch in diesem Jahr nicht in großer Runde, sondern nur im kleinsten Kreis statt. Es war schlicht. Kein Kinderchor hat gesungen und für warmherzige Gefühle gesorgt. Aber der Kranz ist doch angekommen und wurde ausdrücklich willkommen geheißen.
Auf der Plenarsaalebene des Reichstagsgebäudes wird er in den kommenden Wochen als stilles Symbol wirken. Im parlamentarischen Alltag, quasi „vom Rand her“, verweist er unaufdringlich auf eine andere Wirklichkeit. Gott will im Dunkeln wohnen. Auch den Menschen, die politisch in der Verantwortung stehen und so oft nicht genügen können, gilt der Trost des Lichtes.
Zeit des Neuanfangs
In der christlichen Tradition ist die Adventszeit eine Zeit des Neuanfangs, des Umdenken-Lernens. Das griechische Wort dafür heißt „Metanoia“ und meint: sich von etwas bewegen zu lassen, mit etwas zu rechnen, das zum Neuanfang und zur Umkehr befähigt.
Das ist der tiefere Sinn der Besinnlichkeit, die viele mit dem Advent verbinden. Besinnung führt nach innen. Fragen können sein: Was hindert mich daran, neu anzufangen? Was brauche ich, um mich verabschieden zu können? Denn Neuanfänge setzen ja Abschiede voraus. Und Abschiede können sehr schmerzhaft sein.
Uns allen wird aktuell eine Vielzahl von Abschieden zugemutet. Wir müssen Gewohnheiten hinter uns lassen, Gewissheiten – und viel zu viele geliebte Menschen. Die Trauer um nun über 100.000 Corona-Tote allein in Deutschland: Wie viel Leid wohnt derzeit unter deutschen Dächern, wie viel Verunsicherung und Angst.
Notwendige Abschiede
Dazu kommen nahezu täglich neue Anforderungen: Ständig müssen wir dazu lernen, vermeintlich sicher Gewusstes verlernen und schon wieder neu lernen. Ob als Bürger:innen, als Verantwortungsträger:innen in Politik und Wirtschaft, in Kultur, Kirche, Krankenhaus, Schule oder wo auch immer. Vieles in unserer Welt ist in Bewegung.
Einige Hellsichtige sagen, es gehe in unserer Zeit sehr grundsätzlich um notwendige Abschiede. Es gäbe mancherlei, womit wir aufhören müssten. Die westlichen Gesellschaften suchen nach einer neuen Erzählung für eine freie und gerechte, solidarische und nachhaltige Gesellschaft der Vielfältigen in einer weltweiten Klimakrise.
Ur-Erzählung vom Neuanfang
Christen entzünden in mitten von all dem die Kerzen des Adventskranzes. Übermorgen die zweite große Kerze. Und dieses „Immer- wieder-Lichter-Entzünden“ im Advent erinnert uns mit verlässlicher Regelmäßigkeit, alle Jahre wieder, an die Geburt eines Kindes in einem zugigen Verschlag in einem scheinbar gottvergessenen Allerweltswinkel der Weltgeschichte.
Es ist eine der christlichen Ur-Erzählungen vom Neuanfang: Die Geburt des menschgewordenen Gottes genau dort, am Rande der Welt, setzt einen leicht zu übersehenden, sehr verletzlichen, aber überaus wirksamem Neuanfang. Ein Mensch erblickt das Licht der Welt, der andere Menschen ins rechte Licht rückt, die sonst eher ungesehen oder unerhört bleiben.
Diese herausfordernde Aufmerksamkeit für die Ungesehenen und Unerhörten wird das Erwachsenenleben dieses neugeborenen Kindes prägen. „Licht der Welt“, wird man Jesus Christus darum später nennen. Er lehrt uns eine neue Sicht: Rechnet nicht mit Wundern im Rampenlicht. Wunder geschehen – „still und unerkannt“ – an und von den Rändern her.
Wunder vom Rand
„Vom Rand her“ improvisierte auch das Team um Johann Hinrich Wichern 1839 den Ur-Adventskranz. Aus einem ausrangierten Wagenrad, mit Tannengrün und Kerzen. Jeden Tag sollte es etwas heller werden für die Straßenkinder, die im Rauhen Haus zu Hamburg eine Heimat gefunden hatten.
Sie verschwendeten, so kann man es auch sehen, teure Leuchtmittel für eine symbolische Handlung an einem Ort, wo niemand sonst es sehen kann. Gott will im Dunkeln wohnen.
Diakonie Deutschland hat sich von Wicherns Kerzen inspirieren lassen: In diesem Jahr gibt es auf Instagram und Facebook einen Wichernkranz-Adventskalender, der sich aus Selfies aus dem großen Team Diakonie zusammensetzt:
Wichernkranz-Adventskalender
Ehrenamtliche und Hauptamtliche entzünden ihre Kerze. Jeden Tag ein Licht, irgendwo in Deutschland: vom Vorstand bis zur Servicekraft, von der Herdenmanagerin bis zum IT-Spezialisten, bei der Telefonseelsorge und der Bahnhofsmission, im Krankenhaus und in Beratungsstellen, bei Flut- und Kältehilfe, im Hospiz, in der Jugendhilfe und im inklusiven Socialmediateam.
Unterschiedliche Gesichter und Menschen, unterschiedliche Talente und Professionalitäten. Kleinere und größere Lichter, die an ihrem Platz „leuchten“, und jeden Tag und jede Nacht daran mitwirken, dass es heller wird in unserem Land. Eine Lichterkette der Aufmerksamkeit für andere, ein leuchtendes Netz der Menschenfreundlichkeit, an dem alle mitknüpfen können, an dem wir uns freuen dürfen. Auch in diesem zweiten anstrengenden Corona-Winter.
Segen und Licht
Aber: Die Adventszeit ist Corona-resistent. Gott will im Dunkeln wohnen. Nur eine Kerze anzuzünden, kann mitunter helfen, sich daran erinnern zu lassen. Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Adventszeit und Menschen, die Sie ins Licht setzen.
Corona-Typen und Gefühle
Wie geht es Ihnen? Nach 22 Monaten emotionaler Achterbahnfahrt in einer schrecklichen Pandemie, die in Deutschland schon fast 100.000 Menschenleben gekostet hat? Mitten in der vierten Welle, gefühlt jeden Tag ein weiterer Flugzeugabsturz mit Hunderten Toten? Resigniert oder noch hoffnungsvoll, dass es im nächsten Frühjahr ein Ende hat? Vielleicht sind Sie auch, so wie ich, manchmal „mütend“? In dieser seltsamen Stimmung zwischen wütend und müde? „Corona-Typen und Gefühle“ weiterlesen
Die Entdeckung des Mitmenschen
1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland: So viele Veranstaltungen und Veröffentlichungen haben uns in diesem Jahr den Reichtum und die Vielfalt dieses Lebens, seiner Kraft und der Bedeutung für unser Land vor Augen geführt. Eine besondere Facette dieses Reichtums ist die soziale Arbeit der jüdischen Gemeinschaften. Dass wir 2021 auch den 70. Jahrestag der Wiedergründung der Zentralwohlfahrtsstelle (ZWST) nach der Shoah feiern können, ist ein Geschenk. „Die Entdeckung des Mitmenschen“ weiterlesen
Zukunft im Quartier
In unserer älter werdenden und sich zugleich individualisierenden Gesellschaft stellen sich viele Menschen Fragen über ihr Älterwerden. Richtige und wichtige Fragen: Wie wollen wir leben? Wo wollen wir zuhause sein? Und was bedeutet das für unsere konkreten Nachbarschaften, unser „Quartier“? „Zukunft im Quartier“ weiterlesen
Hundert Jahre Einsamkeiten
Der alte Hauptbahnhof von West-Berlin war der Bahnhof Zoologischer Garten, kurz Zoo, genannt. Klein und bescheiden wie die Bonner Republik. Ein paar Gleise. Eine zugige Bahnhofshalle. Mürrische Ansagen: Zurückbleiben! Wer das Erdgeschoss erreicht hatte und zur Schauseite hinausging, erblickte sofort zwei Zentren der City West: Den Zoopalast, wo Generationen von Schauspielerinnen und Schauspielern über den Roten Teppich stolzierten. Bling-bling Berlin, High Society, Sehen und gesehen werden. Und Ruine und Kubus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, liebevoll im Berliner Slang „Lippenstift und Puderdose“ genannt. Ein Magnet des bürgerlichen Berlin. „Hundert Jahre Einsamkeiten“ weiterlesen
Wir & Hier: Kirche mit Zukunft
„Hinaus ins Weite!“ – Welche Selbstaufforderung könnte besser passen für Diakonie und Kirche in unserer Zeit, die geprägt ist von so viel Wandel und Unsicherheit? Nicht in immer enger werdenden Nischen sozialer und kirchlicher Arbeit, sondern im (mit-)fühlenden, (mit-)denkenden und handelnden Kontakt mit unserer Gesellschaft liegt der künftige Weg von Diakonie und Kirche. Genau darum ging es beim „Wir & Hier“-Kongress am 3. und 4. September in Hamburg: „Für eine diakonische Kirche mit Zukunft.“ Was für eine spannende Perspektive. „Wir & Hier: Kirche mit Zukunft“ weiterlesen