Kalter Blick oder humane Perspektiven?

Sackgasse  Griechenland. „Stuck in Greece“ heißt der Blog, den Fawaz al Fawaz, derzeit Thessaloniki, auf Facebook führt. Kein nachrichtlicher Blog, eher ein poetisches Gefühlsecho auf die verzweifelte Lage, in der sich derzeit so viele Menschen in Europa befinden. Sein Blog hat ein Bild des kürzlich geschlossenen Flüchtlingslagers „Camp Petra“ in mein Blickfeld geschoben.

Das mittlerweile geschlossene griechische Flüchtlingslager „Camp Petra“ unter einer Schneedecke Privat/Diakonie

Die Kälte kriecht einem noch am sicheren Schreibtisch in die Knochen. Wer in geheizten Konferenzräumen oder Plenarsälen über Flüchtlingspolitik zu entscheiden hat, sollte es sich zur Gewohnheit machen, solche Bilder anzusehen; könnte vielleicht auch den Gedanken oder sogar das Gefühl zulassen, wie es wohl wäre, wenn der eigene Enkel, die Tochter oder Mutter in einem solchen Lager auf ihre Zukunft warten müsste. WARTEN. Ob das Entscheidungen beeinflussen würde? Im Advent im christlichen Abendland? „Kalter Blick oder humane Perspektiven?“ weiterlesen

Zwischenruf: Integration vor Ort

Was ist wichtig für eine gute Integration von Flüchtlingen und ein gelingendes Miteinander. Darüber haben wir, Vertreter von Verbänden, Wirtschaft, Kirchen und Stiftungen, die sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen engagieren, gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen.

Überschätzt: Gemeinsame Werte

Die kommenden beiden Tage werde ich in Dresden verbringen. Sogar mit Blick auf Elbe und Stadtsilhouette. Die Konferenz Diakonie und Entwicklung (KDE), unsere jährliche Mitgliederversammlung und das höchste Beschlussgremium des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung, tagt dort im Internationalen Congress Center. Die Konferenz – das sind 112 Delegierte, aus den Kirchen, den Landes- und Fachverbänden und Ausschüssen – ist ein kleiner Kosmos für sich. Und eine Christentagung im säkularisierten Sachsen.

© Frank Exß
© Frank Exß

Unser Schwerpunktthema heißt: Integration. Es geht um Geflüchtete, aber auch um andere Menschen mit Migrationshintergrund, und es geht um uns. Es geht vor allem darum, wie sich gesellschaftlicher Zusammenhalt im Einwanderungsland Deutschland in einer globalisierten Welt stärken lässt. Wie lassen sich „Einigkeit und Recht und Freiheit“, die in unserer Nationalhymne erst jüngst in Dresden besungen (und ausgepfiffen) wurden, in unserer vielfältiger und widersprüchlicher werdenden Gesellschaft mit Leben füllen? Welche Rolle können Diakonie und Kirche dabei spielen? „Überschätzt: Gemeinsame Werte“ weiterlesen

Tafel der Vielfalt

Heute hatten wir Gäste. Sehr unterschiedliche Gäste. Wir, das sind die Diakonie Deutschland und der Deutsche Caritasverband. Wir haben im Rahmen der Interkulturellen Woche am Tag des Flüchtlings, zu einer „Tafel der Vielfalt“  geladen. Am Washingtonplatz, direkt am Berliner Hauptbahnhof: Ein offenes Zelt, ein festlich gedeckter Tisch, eine freundliche Atmosphäre.  Fest  – und Tischredner war Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert. Und eingeladen waren Geflüchtete, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sowie Vertreter von Organisationen und Institutionen, die sich auch für eine offene Gesellschaft engagieren.

Vom Deutschen Musikrat bis zum Zentralrat der Muslime, von der IG Bergbau, Chemie, Energie bis zur Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, von den Kirchen über Pro Asyl, dem Deutschen Frauenrat bis hin zum Deutschen Fußballbund.  Mit einer der schönsten Gesten, mit einem gemeinsamen Essen wollen wir ein öffentliches und einladendes Zeichen für eine weltoffene Gesellschaft und ein gelingendes Zusammenleben zu setzen. Mehr dazu im Video.

Gut Kirschen essen

„Das mit den Flüchtlingen regt mich auf. Das stimmt doch alles nicht.“ Die Frau, Mitte 50, Berlinerin, wurde energisch. Sie habe schon vor Monaten beschlossen, keine Nachrichten mehr zu verfolgen. Als gäbe es keine anderen Themen. Wo sie denn bitte wären, diese Flüchtlinge? All das Gezeter um eine Islamisierung Deutschlands, das sei doch Quatsch. In ihrem Alltag hätte sich rein gar nichts verändert. Sie habe sich durch Medien und Internet manipuliert und aufgehetzt gefühlt.

Kirschen in einer Schale
Lieber Kirschen pflücken statt Zeitung lesen – geht das?

Das wolle sie nicht zulassen. Darum habe sie sich eine Nachrichtensperre verordnet. Es sei früh genug, sich eine Meinung zu bilden, wenn tatsächlich Flüchtlinge in ihrem Leben auftauchten. Von Angesicht zu Angesicht. Und jetzt führe sie in den Garten. Zum Gießen. „Gut Kirschen essen“ weiterlesen

Beeindruckende Lebenskraft und sehr viel menschliche Not

Er sitzt mir im Rollstuhl gegenüber. Ein kräftiger junger Mann, die Baseballkappe verkehrt herum auf dem Kopf. Vor drei Jahren schon verlor Mohammed in Damaskus bei einem Bombenanschlag beide Beine und einen Arm. Auf einem Auge ist er seitdem fast erblindet. Seit neun Monaten lebt der 28-Jährige in einer diakonischen Einrichtung* für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge in Berlin-Lichterfelde.

Präsident der Diakonie Ulrich Lilie unterhält sich mit Mohammed, der im Rollstuhl sitzt.
In der Gemeinschaftsunterkunft in Lichterfelde leben 280 besonders schutzberdürftige Geflüchtete – so wie Mohammed. © Ute Burbach-Tasso

Tischler hat er in Syrien gelernt, erzählt er mir in gebrochenem Deutsch, einer der Betreuer – seit fünf Jahren in Deutschland – übersetzt. Grafik-Design würde Mohammed jetzt gerne studieren. Er möchte gestalten und wünscht mir Frieden und Erfolg, als wir uns verabschieden. „Beeindruckende Lebenskraft und sehr viel menschliche Not“ weiterlesen

Migrantenmedizin in Hamburg – Hilfe für Menschen ohne Krankenversicherung

„Westend – hoffnungsorte hamburg“ bietet seit 2011 eine kostenlose Sprechstunde für Menschen ohne Krankenversicherung an – die Migrantenmedizin. Jeden Dienstag werden in Wilhelmsburg rund 20 Besucher von der sehr engagierten Leiterin Melanie Mücher und ihrem tollen Team aus Ärzten, Dolmetschern und Helfern kostenlos beraten und behandelt – ein wahrer Hoffnungsort. Die meisten dieser Menschen kommen aus Bulgarien und Rumänien.

Viele Migrantinnen und Migranten aus Osteuropa leben unter sehr prekären Bedingungen. „Migrantenmedizin in Hamburg – Hilfe für Menschen ohne Krankenversicherung“ weiterlesen

Gespräch mit der Bundeskanzlerin zu Integration und Aufnahme

Zu einem Gespräch mit der Bundeskanzlerin traf ich mich heute mit anderen Vertreterinnen und Vertretern von gesellschaftlichen Gruppen, die sich bei der Aufnahmen und Integration von Flüchtlingen engagieren.  Dabei stimmten alle in einem Punkt überein: Wir stehen vor einer großen Herausforderung, die wir gemeinsam sehr wohl und sehr gut bewältigen können und zwar so, dass das eine Bereicherung für unser Land ist. Mehr dazu im Video.

Die Flüchtlingskrise als Herausforderung für unser Selbstverständnis

Rede zum Neujahrsempfang in der Evangelische Akademie Bad Boll am 10. Januar 2016

„Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen.“ (Mt 25,35)

Lieber Herr Stepanek, lieber Herr Dr. Hübner, sehr geehrte Damen und Herren,

weiß von Ihnen noch jemand, welches Wort die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ zum Wort des Jahres 2014 gekürt hatte? Es war das Kunstwort „Lichtgrenze“. Es bezog sich auf die Berliner Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls. Auf die Lichtballon-Grenze quer durch die Stadt. Ein entscheidender Tag für unser Land, als die Mauer fiel; ein starkes, aber flüchtiges Bild im vorvergangenen Jahr als tausende dieser leuchtenden Ballons gen Himmel stiegen – und die für wenige Tage noch einmal sichtbare Grenze ein letztes Mal verschwand. „Die Flüchtlingskrise als Herausforderung für unser Selbstverständnis“ weiterlesen